Queerer Runder Tisch fordert Konsequenzen und klagt schweren Eingriff in Grundrechte an!
Sachsen-Anhalt I 27. April 2025 – Der Lesben-, Schwulen- und Queerpolitische Runde Tisch (LSQpRT) Sachsen-Anhalt zeigt sich entsetzt über den vorzeitigen Abbruch des Christopher Street Day (CSD) in Schönebeck am 26. April 2025. Das Ordnungsamt der Stadt Schönebeck hatte – durchgesetzt von der Polizei – angeordnet, die Veranstaltung auf dem Salzblumenplatz mehrere Stunden vor dem genehmigten Ende zu beenden. Dieses behördliche Vorgehen stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar und verletzt grundlegend das Recht der queeren Community, sicht- und hörbar für ihre Anliegen einzutreten. Der LSQpRT Sachsen-Anhalt verurteilt das Vorgehen aufs Schärfste und fordert transparente Aufklärung sowie Konsequenzen.
Am Samstagnachmittag hatten sich Hunderte Menschen unter dem CSD-Motto „Nie wieder still! Liebe ist kein Verbrechen“ in Schönebeck versammelt, um gemeinsam ein Zeichen für Akzeptanz, Gleichberechtigung und queere Sichtbarkeit zu setzen. Doch statt, dass Schönebeck – wie geplant – bis in den Abend bunt und stolz feiern konnte, wurde das Pride-Straßenfest abrupt gestoppt. Auf Anweisung des Ordnungsamtes brach die Polizei die Veranstaltung etwa vier Stunden vor dem offiziellen Ende ab, mit der Begründung, der CSD sei in Teilen nicht politisch.
Viele Teilnehmende reagierten fassungslos und mit Unverständnis auf die plötzliche Beendigung der Kundgebung.
Teilnehmende des CSD Schönebeck: Bunte Outfits und kreative Kostüme prägten das Bild der Pride-Veranstaltung. Was als fröhliches, vielfältiges und politisches Straßenfest begann, endete abrupt durch das Einschreiten der Behörden. Dabei symbolisieren solche Bilder eindrucksvoll, warum es diese Veranstaltungen braucht: Sie machen queeres Leben sichtbar und feiern die Vielfalt – ein Akt, der alles andere als „unpolitisch“ ist.
Der LSQpRT stellt unmissverständlich klar: Ein CSD ist per Definition immer eine politische Veranstaltung im Sinne einer Versammlung und Kundgebung. Pride-Demonstrationen haben ihren Ursprung in den Stonewall-Protesten von 1969 und richten sich bis heute gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung sowie Menschenrechte für LSBTIQ*-Personen. Sie fallen damit eindeutig unter den Schutz des Versammlungsrechts. Auf welcher rechtlichen Grundlage also basierte die Entscheidung der Schönebecker Behörden, diese Versammlung mit dem Verweis auf angebliche zu unpolitische Inhalte vorzeitig zu beenden? Diese Frage muss dringend beantwortet werden.
Angesichts dieses beispiellosen Vorgangs fordert der LSQpRT Sachsen-Anhalt konkrete Konsequenzen und deutliche Reaktionen seitens der zuständigen Stellen in Politik und Verwaltung:
- Innenministerium Sachsen-Anhalt: Innenministerin Dr. Tamara Zieschang wird aufgefordert, den Vorfall in Schönebeck umgehend aufzuklären und klarzustellen, dass CSD-Veranstaltungen politische Versammlungen sind. Das Innenministerium muss dafür sorgen, dass die Versammlungsbehörden im Land die Versammlungsfreiheit uneingeschränkt achten und künftig vergleichbare Eingriffe unterbleiben. Eine offizielle Bewertung des Vorgehens in Schönebeck und ggf. disziplinarische Schritte gegenüber den verantwortlichen Dienststellen sind aus Sicht des LSQpRT erforderlich.
- Oberbürgermeister der Stadt Schönebeck: Der LSQpRT erwartet von Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch eine umfassende Aufarbeitung auf kommunaler Ebene. Er muss erklären, auf wessen Weisung der CSD abgebrochen wurde und dafür Sorge tragen, dass sich ein solcher Vorfall in seiner Stadt nicht wiederholt. Zudem sind personelle Konsequenzen im Ordnungsamt zu prüfen, sofern rechtswidrig gehandelt wurde.
- Weitere politische Vertretungen: Der LSQpRT ruft alle politischen Verantwortungsträger*innen auf Landes- und Kommunalebene dazu auf, klare Solidarität mit der queeren Community zu zeigen. Von den Abgeordneten des Landtages bis hin zu den lokalen Stadträt*innen erwarten wir ein deutliches Bekenntnis zur Versammlungsfreiheit und zur Bedeutung der CSDs. Die Politik muss jetzt ein Signal senden, dass Grundrechtsverletzungen wie in Schönebeck in Sachsen-Anhalt keinen Platz haben.
Statements der Sprecher*innen des LSQpRT Sachsen-Anhalt
Mika Taube (Sprecher*in LSQpRT Sachsen-Anhalt): „Dass die erste Pride des Jahres so abrupt beendet wurde, ist ein Schlag ins Gesicht aller, die sich für Vielfalt und Toleranz einsetzen – besonders in kleineren Städten wie Schönebeck. Die queere Community vor Ort hat Mut und Zusammenhalt bewiesen. Jetzt brauchen wir die Solidarität aller: der Politik und der Gesellschaft. CSDs müssen überall sicher und frei möglich sein!“
Daria Kinga Majewski (Sprecherin LSQpRT Sachsen-Anhalt): „Es ist absolut inakzeptabel, dass ausgerechnet ein CSD von Behörden als ‚unpolitisch‘ abgetan wird. Unsere bloße Existenz und der Einsatz für Akzeptanz sind hochpolitisch. Wir sind fassungslos über diesen Angriff auf unsere Grundrechte und erwarten, dass dieser Vorfall Konsequenzen nach sich zieht – so darf man mit uns nicht umgehen.“
Marcel Dörrer (Sprecher LSQpRT Sachsen-Anhalt): „Die Ereignisse in Schönebeck zeigen, wie wichtig unser Kampf für Sichtbarkeit und Rechte weiterhin ist. Wir lassen uns nicht mundtot machen. Wir erwarten vom Innenministerium klare Worte und Taten, damit so etwas nie wieder vorkommt. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn hier wurde eine rote Linie überschritten.“
Abschließender Appell: Der LSQpRT Sachsen-Anhalt appelliert an die gesamte Gesellschaft, sich geschlossen hinter die queere Community zu stellen. Unterstützt unsere Sichtbarkeits- und Menschenrechtsbewegungen, indem ihr euch klar für Vielfalt und Toleranz positioniert. Jetzt erst recht dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen: Jeder Mensch, der seine Stimme erhebt und Solidarität zeigt, trägt dazu bei, dass Vorfälle wie in Schönebeck der Vergangenheit angehören. Gemeinsam verteidigen wir die Freiheit, für unsere Rechte und unsere Menschlichkeit einzustehen.
Pressekontakt:
Marcel Dörrer
E-Mail: marcel.doerrer@lsqprt.de
Mika Taube
E-Mail: mika.taube@lsqprt.de
Für Rückfragen und weiterführende Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.